Predigtgedanken von Pfarrer Georg zum 24. Sonntag im Jahreskreis
„Vergeben? – nie im Leben!“ So eine Aussage ist verständlich, wenn uns jemand etwas Schwerwiegendes angetan hat. Aber wie ist es mit den kleinen Verletzungen, die im Alltag passieren? Wie sollen wir damit umgehen? Müssen wir immer vergeben? Und wenn ja, wie oft? Soll es eine Grenze geben?
Petrus stellt genau diese Frage – und Jesus antwortet: sieben mal siebzig Mal. Das bedeutet immerzu, rund um die Uhr. Klingt das nicht übertrieben?
Wenn wir Jesu Forderung perfektionistisch verstehen, wird es schwer, sie umzusetzen.
Aber vielleicht sollten wir seine Worte als Wegweiser zu einem großen Ziel betrachten. Als eine Einladung, eine Haltung zu entwickeln, die unser Leben prägt: uns täglich am Vorbild der Barmherzigkeit Gottes zu orientieren. Ist das nicht eine lohnenswerte Herausforderung?
Im Gleichnis, das an die Frage des Petrus anschließt, erzählt Jesus von einem Mann, der eine so große Schuld hat, dass er sie niemals abbezahlen könnte. Selbst seine Kinder müssten dafür aufkommen. Also bittet er um Geduld – und seine Schuld wird ihm erlassen. Doch als er auf einen Mitmenschen trifft, der ihm vergleichsweise wenig schuldig ist und der ihn um Geduld bittet, zeigt er kein Mitgefühl.
Diese Geschichte lädt ein, unsere Perspektive zu wechseln. Wir könnten uns beim Thema Vergebung fragen, was wir uns selbst wünschen würden, wenn wir in der Situation des Schuldigen wären.
Klar ist: wo Vergebung geschieht, wird die Gegenwart Gottes spürbar. Das Leben kann wieder aufblühen. Vergebung hilft uns, das Belastendes loszulassen. Vergebung durchbricht tödliche Teufelskreise und öffnet enge Räume.
Vielleicht möchte uns Jesus genau diese Erfahrungen ermöglichen?