Sonntags-Wort

2. FaSo: Prüfung Abrahams

Die Geschichten der Genesis zählen zu den sogenannten Urgeschichten der Bibel: in ihnen werden Grundfragen aufgeworfen, wie das zB. mit der Schöpfung ist, mit der menschlichen Verantwortung in ihr, mit der Zerstörung des Gleichgewichts und mit menschlicher Schuld. Auch das Gottesbild bekommt in diesen Erzählungen erste Konturen: Gott sieht seine Schöpfung an, und sie gefällt ihm. Er sieht die Verfehlungen der Menschen und ahndet diese. Gleichzeitig scheint er aber um den Menschen immer bemüht zu sein, was in der Berufung und Geschichte des Abraham aufleuchtet: dieser erhält immer wieder eine Segenszugsage, die sich dann Mal um Mal hinausschiebt. Und als dann endlich der erhoffte Stammhalter Isaak da ist, den Abraham liebt, wird der Vater auf die Probe gestellt, wie das in kein Bild von einem guten Gott hineinpasst: Er soll sein Kind opfern. 

Die sogenannte Bindung des Isaak, wie sie in der jüdischen Theologie genannt wird, zählt zu den schwierigsten Bibelstellen. Manche Interpreten sehen in der Aufforderung zur Opferung des Kindes noch archaische Wurzeln, die dann vom jüdischen Gottesbild abgelöst werden, wenn der Engel Abraham befiehlt, seinem Sohn nichts anzutun. Aber das ist nur eine Kopf-Erklärung. Die Frage bleibt: Wie weit kann Glaube gehen? Wie schwer kann eine menschliche Prüfung sein? Wie viel Aushalten kann vom Menschen erwartet werden?

Vor kurzem habe ich in Ö3 in der Sendung Frühstück bei mir ein Interview eines Vaters gehört, der seinen Sohn durch Suizid verloren hat. Obwohl dieses Ereignis schon einige Zeit zurücklag, hat man an der Stimme des Vaters seinen Schmerz, seine Ohnmacht und seine Untröstlichkeit gespürt, die er wahrscheinlich nie mehr ganz ablegen wird können. 

Wie sind solche Ereignisse mit dem Glauben an einen guten Gott zu vereinbaren?

Wenn wir ins Neue Testament auf Jesus blicken, so meinen manche, dass sich hier ein anderer Gott als im Alten Testament zeigt. Doch der Berg Moria, auf dem Isaak hätte geopfert werden sollen, ist der Hügel Golgotha, auf dem Jesus gekreuzigt wird. Jesus stirbt mit den Worten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen…“ Auch wenn diese Sätze aus dem Psalm 22 am Ende des Gebets in Zuversicht münden, müssen wir diesen Schmerz der Ausweglosigkeit stehen lassen… 

Wir können ihn nicht weg-deuten.

Jesus erklärt das Leid nicht, aber in der Verklärung, die wir heute im Evangelium gehört haben, bietet er uns einen Blick von oben an, eine Sicht durch menschliche Gebrechlichkeit hindurch. Es ist eine ahnende Vorwegnahme der Auferstehungshoffnung. Das Schweigegebot Jesu danach weist einfach darauf hin, dass man diese Hoffnung nicht in Worte fassen kann. Sie soll vielmehr unseren Glauben im Herzen stärken, dass wir nicht verzweifeln, wenn Menschen, wie Abraham, wie Jesus und wie dieser Vater, der seinen Sohn verloren hat, durch so ein finsteres Tor hindurch zu gehen haben.

Dann öffnet vielleicht das Bild der Verklärung ein Fenster mitten im Leid.

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