Die Langfassung des heutigen Evangeliums beginnt mit der Schilderung einer Katastrophe: nach einer großen Drangsal wird die Sonne sich verfinstern, der Mond wird nicht mehr scheinen und die Sterne fallen vom Himmel. Alles wird erschüttert werden.
Doch inmitten dieses Chaos wird der Menschensohn sichtbar, der „mit großer Kraft und Herrlichkeit“ auf den Wolken des Himmels kommt. Und seine Engel werden alle Auserwählten aus allen Windrichtungen zusammenholen.
Deshalb, so ermahnt uns der Evangelist Markus am Anfang eines neuen Kirchenjahres, dass wir wachsam sein sollen. Dass wir dieses Kommen des Menschensohnes nicht übersehen.
Ich sehe deutliche Parallelen zu unserer Zeit. Der Text hilft uns wie ein Schlüssel, unsere aktuelle Situation zu deuten:
Die geschilderte Katastrophe, durch die alles erschüttert wird, lässt uns heute an die Pandemie und an all ihre Folgen denken. Drangsal kann natürlich auch im kleinen Bereich der Beziehung oder Familie erfahren werden. Enttäuschungen und Erschütterungen fühlen sich oft an, wie wenn die Sonne sich verfinstert und kein Stern ist mehr zur Orientierung sichtbar. Wer sich in so einem Chaos befindet, kann leicht in die Versuchung abgleiten, alles als verloren anzusehen und sich aufzugeben. Ich kenne Menschen, die ganz tief so einer Trostlosigkeit feststecken.
Doch das Evangelium weist darüber hinaus; die Frohe Botschaft lautet: nach in all der Drangsal wird das Kommen des Menschensohnes sichtbar – mit großer Kraft und Herrlichkeit. Mit diesem Bild wird meiner Meinung nach eine innere Herzenskraft, ein innerer Friede und eine Freude beschrieben, die trotz allem zu einer Gewissheit werden können. Trotz aller Verunsicherung kann in uns ein Vertrauen wachsen, dass wir niemals allein sind, dass letzten Endes alles gut wird.
Die Frage nach der Wachsamkeit ist an uns gerichtet: Sind wir bereit, diese Kraft wahrzunehmen, sie zu erspähen, sie zu ersehnen? Oder lassen wir uns im Jammern und Urteilen nach unten ziehen?
Ich bitte Euch: Lassen wir uns nicht erdrücken von den schweren Dingen und halten wir Ausschau nach dem Kraft, die uns – wie vom Himmel geschickt – als Zuversicht und Freude inmitten des Alltags aufgehen kann.